Licht der Diaspora

Jüdisches Gemeindezentrum, Mainz

Gemeinsam mit ihren Bauherren realisieren Planer, Ingenieure und Fassadenbauer vorgehängte hinterlüftete Fassaden heute auf architektonisch überzeugende Weise. Immer wieder erfüllen sie mit individuellen und nachhaltigen Bauwerken anspruchsvolle Anforderungen. So realisierten Manuel Herz Architekten aus Köln im Auftrag der Jüdischen Gemeinde Mainz eine Bebauung, die neben der Synagoge auch Bibliothek, Kindergarten, Schule, Jugend- und Seniorentreff sowie einen ruhigen Garten umfasst und das Gemeindezentrum wieder zum sichtbaren Ort jüdischen Lebens in der Stadt werden lässt. Am Rand der Mainzer Innenstadt, an Stelle der 1938 in der Pogromnacht zerstörten Synagoge, gelang den Architekten mit einem bandähnlichen Baukörper der Spagat zwischen traditioneller Blockrandbebauung und modernem Solitär. Die Jüdische Gemeinde Mainz ist eine der traditionsreichsten Gemeinden Europas. Ihre Bedeutung für die jüdische Lehre und Religion, die sich seit dem Mittelalter in der Auslegung der Schrift manifestierte, übersetzten die Architekten in einen Entwurf, der mit einer geriffelten Keramikfassade auf die älteste Art des Schreibens, das „Einritzen" und das „Inskribieren" verweist. So bildete für die Architekten die „Objektqualität von Schrift" als „ein Verständnis von Raum" auch ein Grundthema ihres Entwurfs.

Hebräische Buchstaben nachempfunden, greift die konzentrisch angeordnete Keramikfassade das Grundthema der Schrift auf Foto: Ivan Baan, Amsterdam (NL), Manuel Herz Architekten, Köln
Hebräische Buchstaben nachempfunden, greift die konzentrisch angeordnete Keramikfassade das Grundthema der Schrift auf
Foto: Ivan Baan, Amsterdam (NL), Manuel Herz Architekten, Köln

Wesentlicher Bestandteil des Jüdischen Zentrums in Mainz ist die Bekleidung mit einer glasierten Keramikfassade, die als vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF) ausgeführt wurde. Mit gezackten Konturen und einer schillernden Oberfläche umhüllt die Fassade, in ihrem Aufbau und in ihren Konturen hebräischen Schriftzeichen nachempfunden, das expressiv ausgebildete Bauwerk. Für die Fassadenbauer war diese VHF, eine modifizierte Keramikfassade, mit der ungewohnten Verlegung in der Schräge und gegeneinander verlegten und versetzten Keramikelementen, eine besondere Herausforderung. Eine komplexe Fassadengestaltung wie in Mainz ist für Klaus Degen, einem der Geschäftsführer des ausführenden Unternehmens, „im Prinzip nicht anders als mit dem System der vorgehängten hinterlüfteten Fassade zu verwirklichen". Auf dem gedämmten Stahlbetonbau erfolgte die nicht sichtbare Befestigung der einzelnen Keramikelemente mittels Agraffen auf einer Al-Unterkonstruktion. Die einzelnen Keramikelemente, entsprechend der geforderten Winkel im Fassadenplan genau definiert und auf Gehrung geschnitten, wurden konzentrisch um die Fensterausschnitte herum verlegt.

Die Jury zeichnete mit dem Jüdischen Gemeindezentrum ein Gebäude aus, das in besonderem Maße durch die gestalterischen Möglichkeiten der vorgehängten hinterlüfteten Fassade geprägt ist: „Der Neubau des Jüdischen Gemeindezentrums in Mainz überzeugt durch ein starkes, symbolhaftes Gesamtkonzept, das dem Anspruch der Bauaufgabe in besonderer Weise gerecht wird. Die dreidimensionale Fassade aus glasierter, glatter Keramik wirkt überraschend, vielschichtig und erfrischend. Mit nur einem Material und einem Format wurde hier eine enorme Komplexität geschaffen, die das Gebäude nicht mit einem Blick erfassbar und damit spannend macht." Auch wenn die Jury einige Detailpunkte hinterfragte, so überwog doch „der positive Gesamteindruck. Durch die changierenden Grüntöne der Fassade entstehen diverse Lichtstimmungen, und der Baukörper fügt sich in seine städtebauliche Umgebung mit dem gewachsenen Baumbestand harmonisch ein. Der spezielle Einsatz des Materials ist sowohl für den Hersteller als auch für den Standort Deutschland ungewöhnlich und verdient daher eine besondere Anerkennung." Deshalb wurde der Deutsche Fassadenpreis 2011 für VHF dem Jüdischen Gemeindezentrum Mainz zugesprochen.

Quelle: Dokumentation „Ausgezeichnete Architektur" Deutscher Fassadenpreis 2011 für vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF)

Der Turm der Synagoge zeigt ein nach Osten gerichtetes trichterförmiges Dach Foto: Ivan Baan, Amsterdam (NL), Manuel Herz Architekten, Köln
Der Turm der Synagoge zeigt ein nach Osten gerichtetes trichterförmiges Dach
Foto: Ivan Baan, Amsterdam (NL), Manuel Herz Architekten, Köln

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