Die Hamburger HafenCity zeigte sich am 22. Juni 2016 wettertechnisch und architektonisch von ihrer schönsten Seite. Der 16. Deutsche Fassadentag lockte mit einem Programm, dessen Spektrum über Lehre und Forschung hin zu preisgekrönten realisierten Fassadenprojekten reichte. Der Einladung des Fachverbandes für Vorgehängte Hinterlüftete Fassaden (FVHF) folgten knapp 200 Gäste. Schon im Vorfeld der Vortragsveranstaltung erhielten die Teilnehmer des Fassadentages die Möglichkeit, an einer Projektpräsentation zur Elbphilharmonie sowie einer Stadtführung durch die westliche HafenCity teilzunehmen. Anschließend konnten die Gäste der renommierten Fachveranstaltung im gut besuchten Holcim-Auditorium der HafenCity Universität gemeinsam mit den vortragenden Experten einen Blick auf ausgezeichnete Bauprojekte und smarte Visionen zum Thema Gebäudehülle werfen.
Die unter Fassadenspezialisten etablierte Veranstaltungsreihe fand in diesem Jahr zum ersten Mal in Kooperation mit einer Hochschule statt. Die HafenCity Universität Hamburg (HCU) - Universität für Baukunst und Metropolenentwicklung - richtet Lehre und Forschung auf die Zukunft von Metropolen aus. Fassadensysteme und Gebäudehüllen stellen dabei einen Ausbildungsschwerpunkt der zukünftigen Architekten und Bauingenieure dar. Dirk Meyhöfer, renommierter Architekturkritiker und Lehrbeauftragter an der HCU, startete den 16. Deutschen Fassadentag als Hamburgexperte mit einer Führung durch die HafenCity West. Anschließend moderierte er nach einem kurzen Grußwort des FVHF das weitere Vortragsprogramm. Die Referenten aus den Bereichen Lehre, Fassadenplanung und Architektur gaben Einblicke in ihre Arbeitsweise und stellten ausgezeichnete und visionäre Projekte und Ideen vor.
Prof. Dr.-Ing. Frank Wellershoff leitet das Fachgebiet Fassadensysteme und Gebäudehüllen an der HCU und stellte im ersten Vortag des Fassadentages die Hochschule und ihre speziellen Forschungsgebiete vor, die Themen reichten von regenerativer Energie in Gebäudehüllen über den Nutzungskomfort verschiedener Fassadensysteme hin zu möglichen neuen Werkstoffen und Produkten für Gebäudehüllen. Getestet wird in Hamburg unter anderem die Funktionalität von „Bypass-Doppelfassaden“, spezielle Fassadensysteme werden in Freifeldversuchen überprüft.
Die Planung und Entwicklung von intelligenten zeitgemäßen Fassaden standen im Fokus des Vortrags von Wolfgang Priedemann. Die Referenzen der Priedemann Fassadenberatung reichen weltweit. Den Besuchern des Fassadentages wurden preisgekrönte Projekte wie das Bauhaus Berlin präsentiert, aber auch außergewöhnliche Fassadenlösungen für die Messe Frankfurt, das OttoBock Science Center in Berlin oder die selbsttragende Fassade des Porsche Pavillon in Wolfsburg stellte der Fassadenspezialist vor. Die neue Firmenzentrale für die Festo AG in Stuttgart mit ihrer innovativen Abluftfassade erläuterte Wolfgang Priedemann detailliert. Er appellierte an das Publikum, die aktuellen Bauregularien und Normen infrage zu stellen, um zeitgemäß planen und bauen zu können. Die Technik lässt in der Theorie schon sehr viel mehr zu, als in der Praxis umgesetzt wird.
Friedrich Tuczek, einer der drei Partner des Berliner Büros Raumzeit, widmete seinen Vortrag dem Preisträgerprojekt des aktuellen Fassadenpreises für Vorgehängte Hinterlüftete Fassaden. Der Neubau des Hörsaal Campus Center der Universität Kassel markiert das Zentrum des Universitäts- und Wissenschaftsstandortes und zeigt in eindrucksvoller Weise die Möglichkeiten auf, welche aktuelle Planungstools in Kombination mit dem System der VHF zulassen.
Mit einem sehr inspirierenden Vortrag endete die Folge der Präsentationen. Prof. Julia B. Bolles-Wilson stellte den Cinnamontower vor, ein Projekt, welches die Architektin des renommierten Münsteraner Büros Bolles+Wilson den Teilnehmern des Fassadentages schon kurz vor Ort vorstellen konnte. Spannend erläuterte sie die Entstehungsgeschichte und den Hintergrund des Gebäudes. Als freistehender Campanile wurde der schlanke Wohnturm bereits 2006 für das Areal Altes Hafenamt erdacht. Eine besondere Rolle spielte der Prozess der Farbfindung, das Fassadenbild setzt sich aus neun verschiedenen Formaten und drei verschiedenen Farben zusammen. Der Bezug zur traditionellen Hamburger Hafenarchitektur lässt sich am fertigen Gebäude sehr schön ablesen.
Mit einem Panorama der Hafencity beendete Prof. Julia B. Bolles-Wilson ihren Vortrag und schaffte so einen schönen Übergang zum Get-Together im Foyer und Außenbereich der HCU mit ähnlicher Kulisse. Der Veranstaltungsort sorgte an einem der längsten Tage des Jahres mit seinem ganz besonderen Hafenflair für einen angenehmen Ausklang der Vortragsveranstaltung.
Fotos: Till Budde