Das Gelände des UNESCO-Welterbes Zollverein entwickelt sich seit einigen Jahren zu einem international anerkannten Zentrum für Kultur, Kunst und Kreativwirtschaft. Auf Basis eines Masterplans von Rem Koolhaas wird das Gebiet in den kommenden Jahren mit einer Reihe von Neu- und Umbauten und dem denkmalgerechten Erhalt des Bestands zur „Designstadt“ fortentwickelt. MGF Architekten aus Stuttgart platzierten auf dem ehemaligen Materiallagerplatz der Zeche einen maßgeschneiderten Bildungsstandort für junge Kreative. Den städtebaulichen Vorgaben folgend reihten sie vier unterschiedlich proportionierte Kuben so aneinander, dass diese den städtebaulichen Abschluss des neuen Quartiers Nord an der Peripherie des denkmalgeschützten Areals bilden. Ihr Neubau integriert das umfangreiche Raumprogramm für die Studiengänge Fotografie, Industrial Design, Kommunikationsdesign sowie Kunst- und Designwissenschaft. Zusammen mit dem bekannten SANAA-Gebäude bildet der langgestreckte Baukörper nun den Campus Welterbe Zollverein der Folkwang Universität der Künste.
Für 20 Jahre hat die Kunsthochschule den passgenauen Bau gemietet. Schon anlässlich der Vertragsunterzeichnung zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und dem Bauherrn, der Welterbe Entwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG, hatte die damalige NRW-Ministerin für Kultur und Wissenschaft und heutige Bundesumweltministerin Svenja Schulze den geplanten Neubau wie folgt charakterisiert: „Mit der Folkwang Universität der Künste erhält die Designstadt Zollverein einen neuen Impuls, der den Standort als hervorragende Adresse für Innovation und Gestaltung voranbringt.“ Tatsächlich schafft der Bau die räumlichen Voraussetzungen für eine einzigartige transdisziplinäre Studienstruktur, die durch die Verbindung von Theorie und Praxis neue Sicht- und Vorgehensweisen generiert.
MGF Architekten ließen sich bei der Formfindung durch den Städtebau und die Architektur der Zeche inspirieren. Sie reihten unterschiedlich große Kuben mit eingeschnittenen Höfen und Atrien aneinander. Prägnante Vor- und Rücksprünge gliedern das langgestreckte Ensemble. Im Innern verknüpfen Verkehrsflächen und geschossübergreifende Lufträume die einzelnen Körper zu einem Raumkontinuum. Für eine spätere Um- oder Nachnutzung bietet die Stahlbetonskelettbauweise mit Stützenkonstruktion und wenigen aufsteigenden Kernen maximale Flexibilität. Vorbildlich trägt der mit DGNB-Platin zertifizierte Bau so zur Revitalisierung und Weiterentwicklung des Welterbes Zollverein bei.
Schon im Wettbewerbsentwurf wurde eine flächenbündige Fassade als Reminiszenz an die Architektur der Zeche thematisiert. Im Planungsprozess kristallisierte sich eine klassische Vorgehängte Hinterlüftete Fassade als adäquate Lösung für die äußere Gebäudehülle heraus, mit puristischer Anmutung und technisch auf höchstem Niveau. Während die konventionelle Verglasung diffusionsdicht in der Dämmebene liegt, ordneten die Planer die äußere Prallscheibenschicht, welche die Raffstoren aus Aluminiumlamellen vor Wind und Wetter schützt, auf einer Ebene mit den Fassadentafeln an. Zwischen der drei Millimeter dicken Bekleidung aus feuerverzinktem Stahl und den Prallgläsern, die mit einem dunklen U-Profil gefasst sind, verläuft ein markanter Abstand von sechs Zentimetern. Vertikale Fugen und die Formate von Fenstern und Bekleidung sind präzise aufeinander abgestimmt.
Die Jury lobte die durchgängig herausragende Qualität des Projekts vom Städtebau im Welterbe-Kontext über die architektonische Grob- und Feingliederung bis hin zur Wahl und Komposition der Konstruktionen und Materialien: „Die Architekten nehmen bei der Fassadengestaltung direkten Bezug auf die vorwiegend orthogonale Typologie der Bestandsgebäude der Zeche Zollverein und leiten schlüssig aus dieser ebenfalls die Flächenbündigkeit der Fassadengestaltung ab“, heißt es in der Begründung. „Vor- und Rücksprünge gliedern den langgestreckten Gebäudekomplex und schaffen eine Maßstäblichkeit, die sich bei näherer Betrachtung immer weiter ausdifferenziert. Im Detail ist die Fassade außerordentlich sorgfältig durchgearbeitet. So rücken etwa die Glaselemente insgesamt um die Tropfkantendistanz nach außen und betonen dadurch den kubischen Gesamteindruck des Ensembles.“ Mit ihrer Begründung zeichnete die Jury das Projekt mit dem Deutschen Fassadenpreis 2018 für VHF aus.