Diese ehrgeizige Anforderung wurde von dem schwedischen Architekturbüro Wingårdh, Göteborg, und hier federführend durch Gert Wingårdh, in der Gestalt eines sehr eigenwilligen fünfgeschossigen Rundbaus mit einer Nutzfläche von 5.350 qm realisiert, umhüllt von einer vorgehängten, hinterlüfteten Fassade (VHF) aus Keramikplatten. Das farblich und in seiner Formgebung von der Umgebungsbebauung stark abweichende Gebäude wurde auf einem ehemaligen Werftgelände bei Lindholmen in Göteborg errichtet. Seine außergewöhnliche Form erklärt sich aus dem speziellen Entwurfsansatz äußerster Energieeffizienz, dem alles andere untergeordnet wurde.
Seiner Form geschuldet ist auch der Name des Bürogebäudes "Kuggen", der schwedische Ausdruck für die Zähne des Zahnrades. Jede Kugge entspricht der Größe eines optimalen Büroraumes. Die vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF) aus bunten Keramikplatten sticht ins Auge. Dreieckige glasierte Keramikfelder in fünf verschiedenen, von den Architekten vorgegebenen Rottönen, zwei Grün-Varianten und einem Schwarzton, Sonderanfertigungen der MOEDING Keramikfassaden GmbH, bilden im Wechsel mit verglasten Flächen die Außenhaut des Gebäudes. Die übereinander gestapelten, sich nach unten hin verjüngenden Geschosse, begründen als weitere technische Anmutung den Namen des Hauses.
Symbiose aus Technik und Gestaltqualität
Das zylindrische Gebäude inmitten eines von geradliniger Randbebauung geprägten Platzes ist ein städtebauliches Motiv, das in der italienischen Renaiccance seine Wurzeln hat. Auch hier in Göteborg übernimmt die zentrale Lage des Gebäudes die Aufgabe, sich mit seiner Umgebung zu verbinden und durch seine bauliche Zuordnung die Funktionen der umliegenden Gebäude zu beleben: befruchtender Kontakt zwischen Universität, Forschung und technischem Unternehmergeist. So inszeniert sich "Kuggen" eingebettet wie eine bunte Blume, umgeben von grauen Blättern. Zugleich reagiert seine facettenreiche vorgehängte hinterlüftete Ziegelfassade auf die klimatisch durch die Hafennähe exponierte Lage. Die glasierten bunten Ziegelelemente präsentieren sich eindrucksvoll durch die architektenspezifische Eigenart der Verarbeitung als vorgehängte Schindelfassade, ihre Formenvielfalt, den individuellen Charakter des gebrannten Tones im Zusammenspiel mit farbigen Glasuren, die subtil komponierten Variationen der Grundfarben Rot und Grün und nicht zuletzt der Oberfläche, die auch die haptischen Sinne berührt. Gleichzeitig steht die Botschaft dieses Gebäudes aber auch für viel Technik, - Technik und Ideen zur Minimierung des Energiebedarfs in den verschiedenen Segmenten.
Beschattung:
Die oberen Geschosse ragen jeweils über das darunterliegende hinaus, - auf der Südseite mehr als im Norden. Dadurch beschattet sich das Gebäude teilweise selbst, wenn die Sonne hoch steht. Zusätzlich werden die oberen Stockwerke von einem rotierenden Schirm, der dem Verlauf der Sonne folgt, vor allzuviel Wärmeeinstrahlung geschützt. Das verändert ständig die Struktur des Hauses, dessen Äußeres sich zusätzlich, in Verbindung mit dem Glanz der glasierten Ziegelplatten, je nach Tageszeit und Blickwinkel stets neu darstellt.
Nutzung des Tageslichtes:
Der dramatische Auftritt inmitten eines architektonisch eher unaufgregten Platzes wird zunächst als signifikante Belebung empfunden. Tritt man jedoch näher heran, offenbart "Kuggen" dann auch die Idee seiner Zähne. Weniger das Ästhetische stand dabei im Vordergrund als vielmehr die Funktion der dreieckigen, mit den entsprechenden keramischen Flächen verzahnten Aluminium-Fenster. Die gesamte Glasfläche konnte so auf ein Viertel der Aussenhaut begrenzt werden. Das verringert die Wärmeverluste; dennoch aber erlauben die dreieckigen Öffnungen einen optimalen Lichteinfall, der dort am größten ist, wo er benötigt wird, nämlich an der Decke, von wo aus das Licht tief ins Innere eindringen kann.
Äußere Wärmeverluste:
Die Kugel hat von allen geometrischen Körpern das größte Volumen bei geringster Oberfläche. Das zylindrische "Kuggen" ist eine Annäherung an diesen Idealfall. D.h. das entscheidene Verhältnis von Nutzfläche zur Außenhaut wurde hier derart optimiert, dass die globalen Wärmeverluste nach draußen minimiert werden konnten, zusätzlich unterstützt durch die vorgehängte, hinterlüftete und wärmegedämmte Ziegelfassade. Weitere Energieeinsparungen verfolgt das System »Kuggen« im Gebäudeinneren. Intelligente Schaltsysteme bei Heizung, Lüftung und Klimatisierung tragen ebenfalls zu einer erhöhten Effizienz bei.
Schonung der Ressourcen:
Hier hatten die Architekten im Wesentlichen die Langlebigkeit der Materialien im Auge und allen voran, die am meisten durch Wind und Regen beanspruchte Außenhaut des Gebäudes. Gewählt wurde deshalb eine vorgehängte Fassade aus gebranntem Ton, ein Material, das sich seit Jahrtausenden bewährt hat und darüber hinaus zu 100 Prozent für die verschiedensten Folgeverwendungen umweltverträglich recyclebar ist. Die 582 mm hohen und bis zu 1.955 mm breiten, horizontal montierten Longoton-Keramikplatten sind dem hohen ökologischen Anspruch entsprechend dann auch mit einer speziell entwickelten, bleifreien Glasur versehen in den genannten acht verschiedenen Brennfarben.
Hier im Norden Schwedens ist also ein Gebäude entstanden, dessen expressive Form den verschiedensten ökologischen Entwurfsansätzen geschuldet ist: Energieeffizienz, Langlebigkeit, Nachhaltigkeit. Gerechnet über alle Systeme dieses Hauses liegt der Jahres-Energieverbrauch unter 55 KWh/qm. Und, last but not least, haben die Architekten auch die Gesundheit der Nutzer dieses Bürohauses im Auge gehabt: das große Gebäude besitzt nur einen Aufzug; die vertikale Erschließung erfolgt im Wesentlichen über die Treppenhäuser, und - Treppesteigen belebt den Kreislauf!